Spotlight: Waschbär

Schützt, was Ihr liebt

Öko-Pioniere. Unnachgiebig grün und sozial eingestellt, haben sie in Zeiten des Neoliberalismus versucht die Wirtschaft auf den Kopf zu stellen. Nur wenige haben sich dabei so entwickelt wie der Freiburger Versandhandel Waschbär. Während bei Gründung noch eine Putzkiste mit 9 nachhaltigen Putzmitteln vertrieben wurde, führt das Unternehmen heute ca. 10.000 nachhaltige Alternativen für unser tägliches Leben.

Waschbär ist nun 35 Jahre alt und hat eine fesselnde Geschichte zu erzählen. Von Gründung aus Überzeugung, Insolvenz, dem Aufbau einer eigenen Marke bis hin zum Übergang ins Verantwortungseigentum. Ein wahrer Krimi. Passend, sieht doch das Maskottchen aus wie ein kleiner Räuber, der sich in unsere nachhaltigen Herzen stiehlt.

Nicht nur für Nachtaktive mit Ringen unter den Augen 😊

Katharina Hupfer, Geschäftsführung

Also haben wir Katharina Hupfer ins WEtell Spotlight gesetzt. Seit Ende 2017 ist sie, zusammen mit Matthias Wehrle, Verantwortungseigentümerin. Seit Anfang 2022 alleinige Geschäftsführerin der Waschbär GmbH. Um anders und menschlicher zu wirtschaften, glaubt Katharina nicht daran ausgetretene Pfade zu beschreiten, sondern geht ihre eigenen Wege.

Als Hauptverantwortliche für den Bereich „Mensch und Organisation“ genießt und pflegt sie die Vielfalt. Wenn sie Zeit hat, entspannt sie gerne in der Natur und lässt sich von nichts aus der Ruhe bringen. Es sei denn man stellt die immer wiederkehrende Frage, warum Waschbär denn Waschbär heißt 😊

Nachhaltigkeit die sich gewaschen hat

Mit den Produkten aus dem Waschbär-Shop richtest du dein Haus ein, deckst dich zu, wäscht dein Geschirr und deine Socken. Aber hier ist greenwashing Fehlanzeige. Bei dem Freiburger Versandhandel kommen nur die nachhaltigsten Player ins Paket. Seit 35 Jahren wird hier akribisch darauf geachtet, welche Hersteller die grünen Richtlinien erfüllen. So ist aus dem kleinen putzigen Unternehmen, über die Jahre ein 380 Kopf starker, klimaneutraler Betrieb geworden.

 

Hallo Katharina, vielen Dank für deine Zeit.
Seit Gründung im Jahr 1987 steht Waschbär für Umweltschutz und nachhaltige Produkte. Im Nachhaltigkeitsbericht wird das mit dem Kredo: „gemeinsam lebendig wirtschaften“ beschrieben.
Was genau ist Waschbärs Anspruch an sich selbst?

Wir möchten unsere Kundinnen und Kunden dabei unterstützen, ihren Alltag nachhaltiger gestalten und ein gutes Leben führen zu können. Dafür haben wir ein umfassendes System für die Auswahl von Textilien und Hartwaren aufgebaut. Anhand dieses Systems checken wir, ob ein Produkt unseren sozialen und ökologischen Standards gerecht wird. Wir arbeiten dabei mit einem Mix aus hauseigenen Ausschlusskriterien und Materialanforderungen, anerkannten Zertifizierungen und für nontextile Produkte mit unserem Waschbär-Auswahlverfahren, das auf einer Nutzwertanalyse basiert.

In Zeiten von greenwashing wird ehrliche Substanz immer wichtiger.
Was steckt bei Waschbär alles unter der Haube?

Nachhaltigkeit ist bei uns fix im Geschäftsmodell verankert. Neben der Produktauswahl unter nachhaltigen Kriterien, setzen wir uns schon seit Anfang 2000 für den Klimaschutz ein. Wir haben 2005 das sogenannte Grüne Paket zusammen mit DHL und The Carbon Neutral Company auf die Straße gebracht (um beim Autobild zu bleiben…) und versenden seitdem klimaneutral. Seit 2006 sind wir auch als Unternehmen klimaneutral. Die Emissionen, die wir nicht vermeiden oder reduzieren können, kompensieren wir über ein Bio-Anbauprojekt für Seide in China, an dem wir beteiligt sind.

Da das Textilsortiment bei uns eine sehr wichtige Rolle spielt, sind wir beim Bündnis für nachhaltige Textilien mit an Bord, um uns für mehr Nachhaltigkeit in der textilen Lieferketten zu engagieren. Auch die Mitgliedschaft bei der Fair Wear Foundation zahlt darauf ein.

Damit wir diese Mission auch langfristig ganz unabhängig von Eigentümern, die vielleicht Eigeninteressen haben, weiterverfolgen können, sind wir seit 2017 ein Unternehmen im Verantwortungseigentum. Damit diese Idee sich breiter etablieren kann und zukünftig einfacher umzusetzen sein wird, gehören wir zu den Gründungsmitgliedern der Stiftung Verantwortungseigentum, die sich dafür einsetzt, dass aus dieser Eigentumsform eine eigene Rechtsform wird.

 

Anmerkung der Redaktion: Seit Juni 2022 steht auch WEtell im Verantwortungseigentum. Im Zuge unserer „Hochzeit“ mit der Purpose Stiftung haben wir uns mit Matthias Wehrle von Waschbär und anderen Purpose-Afficionados zum Thema Verantwortungseigentum unterhalten.

Waschbär verschickt ca. 400.000 Pakete pro Jahr, voll mit dem nachhaltigsten was man braucht

Waschbär hat eine interessante und bewegte Geschichte. 1987 gegründet, um Öko-Putzmittel zu vertreiben, 1993 kamen Naturtextilien dazu, im Jahr 2000 wollte man einen Konkurrenten (Alb Natur) retten, doch die Einnahmen brachen ein und 2001 hat Waschbär Insolvenz anmelden müssen.
Heute ist Waschbär im Verantwortungseigentum. Ich kann mir vorstellen, dass es sich um eine höchstinteressante Reise gehandelt hat. Kannst du hierzu etwas mehr erzählen? Wie wird ein Insolvenzunternehmen zum Purposeunternehmen?

Zwischen der Insolvenz 2001 und der Umwandlung in ein Unternehmen in Verantwortungseigentum liegen 16 Jahre! Wir konnten also ein wirtschaftlich gesundes und gewachsenes Unternehmen ins Verantwortungseigentum umwandeln.
Im Jahr 2017 stand bei uns die Unternehmensnachfolge an. Unser ehemaliger Eigentümer wollte das Unternehmen nicht vererben und auch nicht meistbietend verkaufen. Ihm war vor allem wichtig, dass es im Sinne seines eigentlichen Zwecks langfristig weitergeführt werden kann, unabhängig von den Interessen von Eigentümern oder Investoren. Und da ist er auf das Konzept mit dem Verantwortungseigentum gestoßen und hat dann, gemeinsam mit meinem Kollegen Matthias Wehrle und mir, das Unternehmen mit Hilfe der Purpose-Stiftung umgewandelt.
Wir waren damals beide schon als Geschäftsführer im Unternehmen. Die Weitergabe erfolgte also an die nächste Generation, aber eben nicht in der herkömmlichen verwandtschaftlichen Linie, sondern vielmehr im Sinne einer Werteverwandtschaft.

Waschbär baut eine eigene Marke auf, die mittlerweile nicht nur Küchenbedarf, sondern auch Bademode und einiges mehr anbietet.
Kann Waschbär mit der eigenen Marke die Grundsätze besser einhalten?

Unsere eigene Marke ermöglicht es uns, unsere Standards und Vorstellungen umfassender umzusetzen. Wir gehören zwar zu den größten Versendern für nachhaltige Produkte im deutschsprachigen Raum, aber im Vergleich zu den großen Anbietern, sind wir ein eher kleiner Fisch. Lieferanten zu überzeugen, bestehende Produkte nachhaltiger zu machen, ist aufgrund der kleineren Mengen, die wir abnehmen, nicht so leicht. Bei eigenen Produkten geht das besser.

Und manchmal müssen wir das, was wir anbieten wollen, auch einfach erst mal erfinden. Beispiele sind unsere Schuhe aus Bio-Leder oder unsere Bettwaren mit Bio-Daunen, die wir unter der Marke Waschbär anbieten. Das gab es nicht auf dem Markt; da mussten wir eigene Wertschöpfungsketten aufbauen.

Ausgewogenheit spielt bei Waschbär eine Riesenrolle, für Mitarbeitende, Kund*innen und Lieferant*innen

Mitarbeiterbindung, Mitarbeiterverantwortung spielen heutzutage eine Riesenrolle.
Wie setzt Waschbär dies mit seinen rund 380 Mitarbeitenden tagtäglich um?

Die Nachfolge und die Umwandlung in ein Unternehmen in Verantwortungseigentum haben bei uns einen umfassenden Transformationsprozess angestoßen, der einen Wandel für Strategie, Struktur und Kultur des Unternehmens mit sich bringt und alle Bereiche des Unternehmens betrifft.

Wir arbeiten derzeit intensiv daran, die Idee, die hinter Verantwortungseigentum steckt, in unseren Führungsansatz und unsere Unternehmenskultur zu integrieren. Wir sind da derzeit noch mitten im Prozess.

Unter anderem haben wir ein Transformationsteam gebildet, das sich bottom-up um den Kulturwandel kümmert. Ein anderes Beispiel: Wir nehmen uns jede Woche eine halbe Stunde Zeit, um uns virtuell bei einem Live-Webcast zu treffen, bei dem über anstehende Projekte und Entwicklungen informiert und gesprochen wird.
Da kann jeder freiwillig dran teilnehmen.

Die Nachfrage nach nachhaltigen Alternativen und Lösungen steigt stetig an. Gefühlt steigt damit auch das Level an greenwashing stetig an.
Welche Mechanismen sollte man stärken, um hier mehr Transparenz herzustellen?

Ich glaube, was die konventionellen Anbieter häufig besser laut sein können, als wir nachhaltigen Unternehmen. Sie preisen die wenigen nachhaltigen Angebote, die sie in einem großen nicht nachhaltigen Kontext haben, geschickt und viel frecher an. Die Produkte an sich müssen deswegen ja nicht unbedingt schlechter sein. Das greenwashing entsteht dann meist dadurch, dass das im Vergleich kleine grüne Angebot auf das Ganze abstrahlt und alles ein bisschen grüner erscheinen lässt.

Dagegen können wir nichts machen.

Wichtig ist, dass wir uns auf unsere Stärken besinnen und auch darüber sprechen. Zum Beispiel darüber, dass es ja nicht nur darauf ankommt, was man kauft, sondern auch bei wem man kauft. Als Unternehmen in Verantwortungseigentum können wir unseren Kundinnen und Kunden garantieren, dass ihr Geld, das sie uns geben, nicht in die neue Villa des Eigentümers fließt, sondern im Unternehmen bleibt und in unsere Mission investiert wird.

Vielen lieben Dank Katharina für deine Zeit und liebe Grüße ans ganze Waschbär Team!