Spotlight: Prokon

Kein Fähnchen im Wind

Windkrafträder unterstützen, den Klimawandel aufzuhalten. Nein, nicht weil sie uns kalte Luft zufächeln, sondern weil sie jede Menge Windenergie in Ökostrom umwandeln. Prokon eG, Stromerzeuger und Energieversorger betreibt in 69 Windparks knapp 400 Windenergieanlagen in Deutschland, Polen und Finnland. Große Ziele erreicht man nur gemeinsam – und da die Energiewende eine gewaltige Aufgabe ist, haben sich bei Prokon in der Energiegenossenschaft bereits mehr 39.000 Mitglieder versammelt.

Seit der Gründung 1995 wurden damit über 10 Terawattstunden Ökostrom aus der Luft geholt. Damit kann man 9 DeLoreans auf 88 Meilen die Stunde beschleunigen. Diejenigen, die den Film „Zurück in die Zukunft“ nicht gesehen haben, können damit ca. 600 Milliarden Toastscheiben ca. 1 Minute lang bräunen.

Mit Rückenwind zur Prokon

prokon windkraft

Katharina Weinberg, Online Marketing Managerin

Grund genug für uns im Gespräch noch mehr erfahren zu wollen. Also haben wir Katharina Weinberg angegrünfunkt. Katharina ist Teil des Marketingteams der Prokon. Ihre Arbeit bringt sie täglich mit tollen Partner*innen zusammen (z.B. mit dem besten Mobilfunkanbieter Deutschlands).

Sie gibt uns Einblicke in die Geschichte, erzählt von Berg- und Talfahrten, warum sie die neue Regierung nicht zu früh loben möchte und warum Kirschen auf ihren Eisbecher gehören.

Kohle und Atom den Wind aus den Segeln nehmen

Fürs Interview hat sich Katharina erlaubt, kurz den Windstopper anzuziehen. Ihr Tee riecht nach einem Hauch Zimt. Sie ist kein Fan von Fingerpointing, vergangenheitsbesessenen Nörglern und wünscht sich eine gründigitale Revolution mit mehr Transparenz.

Hallo Katharina, die Prokon hat eine ganz schön bewegte Geschichte. Mit welcher Vision seid ihr 1995 losgezogen und wie seid ihr dort gelandet, wo ihr hinwolltet?

Die Gründer von Prokon kommen hier aus der Elbmarsch und hatten die AKWs in Brunsbüttel und Brokdorf direkt vor der Nase. Logisch, dass das der notwendige Antrieb war, eine Energiezukunft zu gestalten ohne Atomenergie und mit ganz viel Wind im Rücken. Wortspiel geglückt. 😉
Ein Antrieb war dabei auch, viel selbst machen und sich wenig reinreden lassen. Das lief auch viele Jahre sehr erfolgreich und mobilisierte eine Menge Menschen.
2014 hatte man sich dann aber ziemlich verzettelt und musste am Ende in die Insolvenz gehen. Das war auf der einen Seite eine ordentliche Image-Schramme für Prokon, gleichzeitig haben unsere Gläubiger aber an den Wert des Unternehmens geglaubt und 2015 Prokon als Genossenschaft neugegründet. Das war schon ein krasser Vertrauensbeweis.

Wir befinden uns nun im siebten Jahr als „Deutschlands größte Energiegenossenschaft“ mit fast 40.000 Mitgliedern und haben bewiesen, dass eine Energiezukunft in Bürgerhand erfolgreich sein kann. Deswegen sind uns die Nörgler, die uns immer wieder an unsere Vergangenheit erinnern, inzwischen egal und wir fokussieren und auf die Zukunft und zeigen, wie man aus Fehlern lernen und es besser machen kann.

Aufregend, welche Schritte ihr gegangen seid, um Windkraft zu fördern! Um den Klimawandel zu stoppen, müssen wir an vielen Stellen umdenken. Welchen Beitrag leistet ihr mit Prokon?

2020 (zu unserem 25-jährigen Jubiläum) hatten wir uns ausgerechnet, dass wir seit Bestehen mehr als 10 Terawattstunden CO2- und Atom-freien Strom produziert haben. Und jedes Jahr kommen 1,2 Gigawattstunden dazu, das sind rund 420.000 Tonnen eingespartes CO2 pro Jahr.
Als wir vor mehr als einem Vierteljahrhundert damit angefangen hatten, waren wir Pioniere, ja Revoluzzer und keiner hatte geglaubt, dass die Erneuerbaren Energien einmal wirklich die konventionelle Erzeugung ersetzen könnte.
Letztendlich ist ein Großteil des Erfolgs auf die Beteiligung der normalen Bürger zurückzuführen, die an dieser Art von Energieerzeugung geglaubt und sie mit privatem Geld vorangebracht haben.

Die Einführung des EEG 2000 hat auch einen großen Anteil an dieser Entwicklung gehabt, auch wenn sich die letzte Bundesregierung leider eher als Bremsklotz profiliert hat. Inzwischen beweisen wir, dass Erneuerbare-Energie-Erzeugung auch ohne Förderung möglich ist.
Zudem gelten die Erneuerbaren jetzt nicht nur als klimafreundlich, sondern auch als „Freiheits- und Friedens-Energien“.

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Spannend zu hören, an welchen Stellschrauben ihr schon dreht, um was zu verändern. Auf dem Markt gibt es trotzdem Giganten, wie z.B. Facebook, Google, Amazon und Co. an denen wir fast alle noch hängen. Wo würdet ihr euch nachhaltige Alternativen wünschen?

An unserer eigenen Mitgliederstruktur sehen wir, dass man kein „Öko“ sein muss, um nachhaltig zu wirtschaften. Man muss dazu aber auf Fingerpointing verzichten und nachhaltiges Handeln einfach und möglichst unkompliziert in den Alltag integrieren.
Super finde ich da beispielsweise den Ansatz von Ecosia als Suchmaschine. Eine Nutzung einer solchen Plattform sollte auch in die Köpfe der Nutzer:innen wandern und als völlige Selbstverständlichkeit angesehen werden.

Natürlich brauchen neue digitale Anwendungen auch Energie – aber oft kann dafür ein anderer Ressourcenverbrauch eingespart werden. Wichtig finde ich, dass die Leute, die mit immateriellen Diensten hohe Wertschöpfungen erzeugen, oft ja auch auf Basis von „kostenlosen“ Gegenleistungen der Nutzer, auch eine Verantwortung für Mensch und Umwelt wahrnehmen.

Schön wäre es, wenn diese Dienste stärker am Gemeinwohl ausgerichtet wären. Dann könnte man richtig was bewegen und alle würden davon gleichermaßen profitieren. Warum können nicht für jedes Reel und jedes Posting Bäume gepflanzt oder andere nachhaltige Projekte automatisch unterstützt werden? Was Spendenaufrufe angeht – egal ob privat oder gemeinnützig – kann Social Media viel bewegen. Wieso nicht diese Power weiter ausbauen und für das wirklich Wichtige nutzen.
Und wo sind die wirklich nachhaltigen Alternativen zu Amazon & Co? Es gibt sie und man kann sie auch in den Tiefen des Internets finden, aber vielleicht braucht es die eine zentrale Plattform, wo man sie gesammelt präsentiert. Hier steckt einfach viel ungenutztes Potenzial.

Du bist jetzt schon ne Weile im Nachhaltigkeitsbusiness und kennst dich aus. Wenn du dir den aktuellen Markt anschaust, was stimmt dich daran positiv, bzw. gibt es da auch „nachhaltige Trends“ von denen du nicht so überzeugt bist?

Ich bin noch nicht überzeugt von den Lobeshymnen auf die neue Regierung und ihre Ausbauziele. Ja, sie sind besser als die Ziele vorher, aber es geht immer noch alles viel zu langsam.
Die Bedrohung scheint vielen immer noch zu abstrakt, um jetzt zu handeln. Für Bankenrettung und Aufrüstung sind plötzlich Milliarden da, für das Erreichen der Klimaziele nicht.
Dennoch stimmt es mich positiv, dass sich die Bedeutung für eine Abkehr von den fossilen Energien immer mehr in allen Bevölkerungsschichten durchsetzt – egal mit welcher konkreten Motivation.

Wir brauchen schnellere Genehmigungsverfahren, sinnhaftere Gespräche mit Gemeinden und Naturschutzbehörden und vor allem faire Kompromisse und keine fadenscheinigen Gegenargumente – der Ausbau der Erneuerbaren ist aufgrund vieler Ereignisse dringender denn je. Wenn die versprochenen Maßnahmen endlich Fahrt aufnehmen und wir unsere Arbeit noch effektiver machen können, dann weiß ich genau, wofür ich täglich arbeite und was ich mit voller Überzeugung tue.

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In deiner Nachhaltigkeits-Journey mit eurem Unternehmen, gab’s bestimmt richtig schöne Glücksmomente. Was waren deine persönlichen Highlights?

Die Gespräche mit tollen Kooperationspartner:innen wie WEtell, Viva con Agua, fischertechnik, GermanZero, die Good Impact Family und PLANT-MY-TREE. Leute kennenzulernen und mit ihnen Visionen auszuarbeiten, Dinge voranzutreiben und einfach ähnliche Ansichten zu haben bringt mir Freude. So komme ich auch jeden Tag gerne zur Arbeit, weil ich nicht weiß, was mich heute erwartet, aber meistens die richtigen Leute beteiligt sind.

Ich weiß aber wozu ich es tue, und wenn man dann noch Partner*innen hat, die das genau so sehen, dann ist das einfach die Kirsche auf dem Eisbecher. Aber mein ganz persönliches Highlight ist es, den Anstieg unserer Mitglieds- und Kundenzahlen zu beobachten. Das stimmt mich auf der einen Seite glücklich, da ich sehe, wir können die Leute begeistern, mitnehmen und überzeugen.
Und auf der anderen Seite sehe ich dadurch auch, dass unsere Arbeit Früchte trägt und wir auf dem richtigen Weg sind. Den Erfolg zu spüren, treibt uns nur noch weiter voran. So kann es gerne weitergehen.

Danke Katharina für deine Zeit, liebe Grüße an dich und das Prokon Team