Spotlight: Ver.de

Ver.de – Nachhaltig versichert

Wer nachhaltig versichert sein will, braucht nicht möglichst viele Versicherungen, sondern die Richtige. Leider ist das größtenteils noch Utopie. Die Versicherungsbranche ist noch klassische Old Economy und träumt wenig von Nachhaltigkeit. Genossenschaftlich, gemeinwohl-bilanziert und transparent. So sagt Marie-Luise Meinhold, sieht ihr Traum von einer nachhaltigen Versicherung aus. Sie ist Gründerin von Ver.de, Deutschlands erstem, rundum nachhaltigen Versicherungsanbieter.
Aus ihrer Zeit bei Deutschlands größtem Erstversicherer kann sie sagen, dass Nachhaltigkeit bei den Investitionen eine untergeordnete Rolle spielt. Auch von nachhaltiger Unternehmensführung hat sie hier wenig gespürt. Letztendlich hat sie sich dazu entschlossen das Thema in die eigene Hand zu nehmen und eine eigene Versicherung zu gründen. Ein Weg bei dem es viele Steine aus dem Weg zu räumen gilt.

Genossenschaftlich, gemeinwohl-bilanziert und transparent.

Gründerin, Dr. Marie-Luise Meinhold

Für Marie-Luise steht dabei diese Frage im Vordergrund: „Wie kann ich Rücklagen am besten transparent und nachhaltig investieren?“. Ob ökologische Landwirtschaft, Solarenergie oder der Ausbau des ÖPNV. All diese Investitionen finden sich transparent auf der Webseite wieder.

2022 wurde sie vom Euclid Network als eine der Top 100 Frauen im Social Enterprise ausgezeichnet. Ihr Antrieb kommt aus der Überzeugung, dass wir die Geldströme ändern müssen, um aktiv Klimaschutz finanzieren zu können. Wir finden das eine richtige gute Sache und haben Marie-Luise darum ins WEtell Spotlight gesetzt.

Auf dem Weg zur nachhaltigen Versicherung

Deutsche Versicherungen verwalten gewaltige Geldmengen und Investitionsgüter. 2021 waren das zusammengenommen ca. 1,8 Billionen €, oder 1.800.000.000.000 €. Dafür könnte man den Berliner Flughafen ca. 245-mal bauen.
Wie das Geld von den Versicherungen genau investiert wird, ist meist sehr intransparent. Ver.de geht hier einen neuen Weg. Die Genossenschaft berichtet nicht nur darüber worin investiert wird, sie lässt ihre Mitglieder auch mitentscheiden. Wer sich überlegt den Weg zur ersten nachhaltigen Versicherung mitzugestalten, kann also einfach Genossenschaftsmitglied werden. Wie das geht, lest ihr am Schluss.

Jetzt aber erstmal zum Interview.

Hallo Marie-Luise,
schön, dass du dir die Zeit nimmst.
2011 hast du dich mit ver.de selbständig gemacht. Erklär doch bitte die Grundidee hinter ver.de im Detail. Warum habt ihr euch für die Bildung einer Genossenschaft entschieden?

Vor ver.de habe ich bei Deutschlands größtem Erstversicherer in verschiedenen Fach- und Führungspositionen gearbeitet. Dort bekam ich mit, welche riesigen Summen in der Versicherungswirtschaft investiert werden. Versicherungen gehören zu den größten Investor*innen weltweit. In 2021 verwalteten deutsche Versicherungen 1,8 Billionen Euro. Das ist eine Zahl mit 12 Nullen. Entscheidend ist, dass Versicherungen dieses Geld weiter investieren. Hier macht es einen entscheidenden Unterschied, ob das Geld Erneuerbare Energien oder Kohleenergie finanziert. Ich habe bei meinem alten Arbeitgeber versucht, das Thema Nachhaltigkeit voranzubringen, ohne Erfolg. So beschloss ich: Dann gründe ich eben eine neue Versicherung, die von Tag 1 Nachhaltigkeit ganzheitlich angeht. Genossenschaftlich, gemeinwohl-bilanziert und mit ausschließlich ökologisch-sozialen Investitionen, die transparent offengelegt werden. Diese Idee ließ mich nicht mehr los und dann folgte ein langer Weg bis dahin, wo wir heute stehen.

Welche Produkte bietet ihr an und an wen richtet sich euer Angebot primär?

Da ver.de aktuell noch im Aufbau ist, steht gerade die Mitgliedschaft in der ver.de Genossenschaft bei uns im Vordergrund. Als Mitglied baust Du ver.de mit uns auf und hilfst uns, dass notwendige Kapital zu sammeln, damit wir unsere Zulassung als Versicherung beantragen können. Mitglieder können aktiv bei ver.de über Produkte und Investitionen mitbestimmen und werden an den zukünftigen Gewinnen beteiligt. Das ist echte Pionierarbeit in der Versicherungswirtschaft.

Aber auch wenn es um das Thema Schutz geht, haben wir erste Produkte: Einen Fahrradschutz gegen Diebstahl, Vandalismus, Unfall und Sturz und ein Produkt für die Circular Economy. Doch dabei soll es nicht bleiben. Gemeinsam mit unseren Mitgliedern bauen wir ver.de weiter auf, um zukünftig verschiedenste Versicherungen wie die Hausrat- oder Haftpflichtversicherung anbieten zu können. Und auch für Unternehmen haben wir einige Produkte geplant.

Das Ver.de Team haben sich Großes vorgenommen – Die Versicherungsbranche revolutionieren!

Welche Meilensteine habt ihr bisher bereits erreicht? Worauf seid ihr besonders stolz?

Um unsere Versicherungslizenz beantragen zu können, benötigen wir ungefähr 4,5 Millionen Euro an Sicherheitskapital. Hier haben wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern bereits knapp 40 Prozent des notwendigen Kapitals erreicht (Stand 29.09.2023).

Und dieses Geld haben wir bereits nachhaltig investiert, nach dem Prinzip des Impact Investings. Hier haben wir beispielsweise ökologische Landwirtschaft, Solarenergie oder den Ausbau des ÖPNV finanziert. All diese Investitionen haben wir auf unserer Webseite offengelegt.

Besonders stolz sind wir allerdings auf unsere Genossenschaft und auf die Aufmerksamkeit, die das Thema „nachhaltige Versicherung“ bekommt. Es ist mein Herzensthema und ich freue mich riesig, dass es immer bekannter wird und die Menschen die Versicherungen zunehmend in Verantwortung ziehen. In 2023 hat sich die Anzahl unserer Mitglieder bereits bis September verdoppelt. Das ist ein tolles Gefühl!

Greenwashing ist ein Riesenthema. Das größte Problem ist hier fehlende Transparenz. Durch eure GWÖ-Bilanz gewährt ihr einen tiefen Einblick in euer Unternehmen. Ihr habt euren Score von 530 auf 597 verbessern. Das ist beeindruckend.
Erzähl doch bitte etwas darüber, was ihr durch diesen Prozess über euch gelernt habt und wie es Unternehmen besser machen kann.

Die GWÖ-Bilanzierung ermutigt Dich, Dein ganzes Unternehmen durchzudenken. Wie sehen unsere Lieferketten aus? Mit wem kooperieren wir? Wo werden unsere Laptops produziert? Und da stolpert man immer wieder über Themen, die man noch gar nicht auf dem Schirm hatte. Deshalb ist die Bilanzierung eine tolle Möglichkeit, sich zu verbessern und Gemeinwohl ganzheitlich zu denken. Wir haben auch viel Inspiration bekommen, was beispielsweise im Bereich Mitarbeiter*innen noch alles möglich ist und wie wir unser Team von Seiten ver.de unterstützen können.

Zum aktuellen GWÖ-Bericht geht es übrigens hier entlang.

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Ver.de verspricht Geld ausschließlich nach sozialen und ökologischen Kriterien zu investieren – beispielsweise in Erneuerbare Energie oder ökologische Landwirtschaft.

Krisenzeiten wechseln sich gefühlt schneller und schneller ab. Währungskrise in 2008/2007, Corona, jetzt der Kriege in der Ukraine.
Inwiefern betreffen euch diese Krisen und was stellt ihr diesen entgegen, um euch resilienter zu machen.

In erster Linie nehmen uns die Krisen auch persönlich mit. Es ist natürlich alles andere als schön zu sehen, wenn tolle nachhaltige Unternehmen aufgeben müssen, weil sie hart von den Krisen getroffen werden. Oder wenn Menschen in der Ukraine unter dem Angriffskrieg leiden.

ver.de selbst ist aktuell von den Krisen noch in eher geringem Maße betroffen. Natürlich haben auch wir mitbekommen, dass der Finanzmarkt im letzten Jahr abgestürzt ist. Aber gerade die letzten Jahre haben nochmal deutlich gezeigt, dass nachhaltige Investitionen krisensicherer sind. Das zeigt auch der aktuelle Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlagen.

Die Krise, mit der wir uns am meisten beschäftigen und die uns am meisten beschäftigt, ist aber die Klimakrise. Hier merken wir immer dringender, dass es einen Wandel in der Finanzwirtschaft braucht. Die Energie- und Mobilitätswende brauchen dringend Investitionen. Und es frustriert uns, dass sich die Versicherer so langsam und so wenig bewegen.

Was behindert euch am meisten in eurem Bestreben Versicherungen nachhaltiger zu gestalten?

Tatsächlich sind wir von dem Mindset der Menschen, denen wir begegnen, überwiegend begeistert. Also den Menschen, die in unserer Community sind und die neugierig sind, was wir denn da machen. Viele wünschen sich eine transparente Versicherung, bei der sie mitbestimmen können und die für das Gemeinwohl arbeitet. Probleme sehen wir eher in der Finanzwirtschaft und bei den klassischen Investor*innen: Dort wird immer noch hinterfragt, ob es wirklich eine komplett nachhaltige Versicherung braucht. Ob es nicht reicht, wenn die Versicherungen einzelne grüne Produktlinien haben. Hier reden wir uns manchmal den Mund fusselig, um das Thema voranzubringen und das kostet viel Kraft. Und das ist ein Grund mehr, warum wir uns über die ver.de Genossenschaft finanzieren: Hier haben es schon viel mehr Menschen verstanden, wieso es ver.de braucht.

Auf eurer Website steht: Schon heute investieren wir mit ver.de ausschließlich in ökologisch-soziale Projekte und Unternehmen. Was heißt das genau?

Gerne, das ist das Herzstück von ver.de. Wir haben mit unserer Kapitalanlage bereits tolle Unternehmen und Projekte finanziert. Ein Beispiel: Mit unserer Anleihe Ile de France werden Tramstrecken ausgebaut, Schulen renoviert und ökologischer gestaltet und Parks renaturiert. Das macht uns richtig Freude.

Die Auswahl unserer Investments ist ein längerer Prozess: Um die Wirkung der einzelnen Investitionen auf das Klima, die Natur und die Gesellschaft messen zu können, haben wir eine eigene Wirkungsmatrix entwickelt. Darin tragen wir nachhaltige Anlagemöglichkeiten ein, nachdem wir zu ihnen recherchiert und externe Gutachten gelesen haben. Unterm Strich ist es uns wichtig zu verstehen, was konkret finanziert wird und welche Investition eine bestmögliche Wirkung hat. Und das Ergebnis legen wir transparent auf unserer Webseite offen, damit alle mitdiskutieren können. Es können auf unserer Webseite übrigens auch alle mit abstimmen, was wir zukünftig finanzieren sollen.

Ein Blick in die Kristallkugel. Wo siehst du ver.de in der Zukunft? Gibt es etwas, dass du speziell im Auge hast?

Unser nächster Meilenstein ist erst einmal die BaFin-Zulassung: Dann können wir endlich Produkte wie die Haftpflicht- oder Hausratversicherung anbieten, die sich unsere Community am meisten wünschen. Und darauf freut sich bereits das gesamte ver.de Team sehr.

Langfristig soll ver.de aber weiter wachsen, Produkte im Bereich Leben- und Krankenversicherung dazu nehmen, weitere Länder wie Frankreich oder Österreich in den Fokus nehmen und sich soziale Konzepte überlegen, damit alle Menschen – unabhängig von ihrem Einkommen – einen guten Versicherungsschutz bekommen können. Hier herrschen aktuell noch große Ungerechtigkeiten. Es ist also noch einiges geplant und mal schauen, welche Ideen noch aus unserer Genossenschaft kommen werden.

Frei von der Leber weg. Was möchtest du noch los werden. Worüber möchtest du sprechen?

Ich möchte den Menschen folgendes mit auf den Weg geben: Geld hat immer eine Wirkung. Oft bekommen wir das gar nicht mit, denn die Banken und Versicherungen verwalten es ja für uns. Doch unser Geld wird weiter gereicht und damit werden Unternehmen und Projekte finanziert. Viele Menschen bemühen sich aktuell zunehmend um Nachhaltigkeit, das ist so toll. Doch wenn der Großteil des Geldes in der Finanzwirtschaft ohne Blick auf die Wirkung investiert wird, dann arbeitet das gegen Klimaschutz und gegen unsere Bemühungen. Und deshalb bleibe ich bei dem Thema dran.

Vielen lieben Dank Marie-Luise für deine Zeit und liebe Grüße ans Verde Team!

Ver.de Vorteil

Bis zum 31.12.2023 schenkt Dir ver.de als Dankeschön für Deine Unterstützung einen kostenlosen Anteil in Höhe von 100 Euro zu Deiner Mitgliedschaft. Das gilt auch, wenn Du Deine Anteile erhöhst.

Alle Infos findest Du auf unserer Webseite: www.geno.ver.de.